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Rosenthal Maria – Ein Bestseller feiert 100 Jahre
Selb. Es gibt Liebesgeschichten, die sind so schön, dass man sie kaum glauben kann. Wie die zwischen Philipp Rosenthal und seiner Frau Maria. Der Geheimrat nämlich ist so vernarrt in sie, dass er kurzerhand ein Porzellanservice nach ihr benennt. Ohne zu ahnen, dass daraus ein millionenfach verkaufter Bestseller würde.
Philipp Rosenthal ist siebzehn Jahre alt, als er nach Amerika aufbricht und vom Tellerwäscher zum Porzellanverkäufer wird. Voller Tatendrang kommt er 1879 zurück in seine Heimat Selb, wo er mit einer Porzellanmalerei in Schloss Erkersreuth den Grundstein für sein Unternehmen legt. Das macht mit technischen Entwicklungen und zeitgemäßer Gestaltung auf sich aufmerksam, denn der weltgewandte Firmengründer sucht fortwährend nach neuen Ideen – und hat rasch Erfolg.
Als er Maria das erste Mal sieht, ist er Feuer und Flamme. Die junge Frau ist schön, wie sie sich elegant auf einer Chaiselongue räkelt – gewandet in einem mit üppigen Stoffrosen bestickten langen Kleid, eine feine Perlenkette um den Hals gelegt, das brünette Haar zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt, glänzende Ballerinas an den zierlichen Füßen. 1916 heiratet das Paar. Maria ist die Tochter eines Justitiars, des königlichen Advokaten Josef Franck. Für sie verlässt Philipp seine erste Frau Mathilde, mit der er zwei Töchter hat. Auch Maria ist geschieden (von einem Herrn Frank) und 35 Jahre jünger als der 61 Jahre alte Philipp. Sie reisen durch die Welt, empfangen illustre Gäste und bekommen ein Kind, den lang ersehnten Stammhalter Philipp junior, später Philip genannt. Nach dieser Maria also benennt Philipp die polygonale Geschirrform mit dem charakteristischen Kantenrelief in Form einer Früchtegirlande, die er selbst entworfen hat. Philipps gestalterisches Vorbild: ein silbernes Teeservice von 1815, das er von einer Reise nach England mitgebracht hat. Außerdem arbeitet er in das Relief das Motiv des Granatapfels ein, das seine Frau ganz besonders liebt. Dass Maria zur meist verkauften Geschirrform aller Zeiten wird, ist damals nicht unbedingt vorhersehbar, ganz im Gegenteil. Anfangs laufen die Verkäufe schlecht, weshalb Philipp ziemlich hart durchgreift und seinen Verkäufern mit Strafmaßnahmen droht: „Wer ‚Maria’ nicht verkauft, ist bei mir Reisender gewesen“, erklärt er mit Nachdruck. Philipps beharrliches Wirken, sein unerschütterlicher Glaube an den Erfolg von Maria haben sich ausgezahlt. Spricht man heute bei Rosenthal von Maria, dann ist nämlich weniger Philipps Frau gemeint als vielmehr eine Erfolgsgeschichte, wie es sie selten gibt in der Welt des Porzellans. Allein gut fünf Millionen verkaufte Tassen und fünfzehn Millionen Teller in den letzten 25 Jahren – Maria ist die meistverkaufte Geschirrform aller Zeiten. Ganz in Weiß gehalten oder mit einem der mehr als 200 Dekore versehen – Mandelblüte, Goldlinie, Blütenromanze und wie sie alle heißen. Maria ist mit rund 100 Einzelteilen noch heute die umfangreichste Tischausstattung von Rosenthal und das Schönste daran: Immer wieder kommt ein neues Stück hinzu. Im Jubiläumsjahr beispielsweise die Becherkollektion Maria Originals, für die Regula Stüdli historische Dekore aus dem Archiv von Rosenthal ins Hier und Jetzt übersetzt hat. Oder aber das üppige Weihnachtsdekor Maria Winter Rose, bei der die Schweizer Designerin Nüsse, Weihnachtssterne und Christrosen neu arrangiert und abstrakt interpretiert hat. Und was lernen wir daraus? Es gibt eben doch Liebesgeschichten, die sind so schön, dass man sie ruhig glauben kann.